Georg Büchner (1813–1837) war ein heftiger Kritiker der herrschenden Klasse der Reichen. Sein Fragment gebliebenes Stück „Woyzeck“ wurde aufgrund seiner sozialkritischen Zeitlosigkeit und seines sprachlichen Furors zum Klassiker. Premiere am 01. März 2025.
Die Lebensmittelpreise steigen, die Miete ist fast unbezahlbar und ein einziger Job reicht schon lange nicht mehr aus, um die Familie zu versorgen. Kurz gesagt: Die wirtschaftliche Lage im Großherzogtum Hessen um 1820 war katastrophal. Besonders die Menschen der unteren Einkommensschicht litten darunter: Kleinbauern, Handwerker, Soldaten. Die Existenzangst war ihr täglich Brot.
Schon vor 200 Jahren hat Büchner diese Zustände nicht mehr ertragen wollen und schrieb ein Stück – schon das eine theatergeschichtliche Revolution – über die Biografie eines einfachen Mannes aus dem Volk. Des Soldaten Woyzeck. Und: Wer beim Lesen des ersten Satzes an unsere heutige Zeit dachte, hat – leider – völlig Recht. Im Jahr 2022 galten über 14 Millionen Menschen in Deutschland von prekären Verhältnissen bedroht. Die Armut hat also nichts von ihrer Kraft verloren. Aber Büchners sozialrevolutionäres Stück ebenso wenig.
In ihrer Inszenierung nimmt sich Gabriela Gillert genau deshalb den Kampf mit der Armut als zentrales Element vor und zeigt einen Getriebenen, der sich in der Spirale des Elends zerreibt. Im Zentrum steht Woyzeck. Mit seinem niedrigen Soldatensold kann er kaum sich selbst, geschweige denn seine Geliebte Marie und das gemeinsame Kind ausreichend versorgen. Um überhaupt über die Runden zu kommen, nimmt er Gelegenheitsarbeiten an, die seinen Lohn aber nur wenig aufbessern. Die höchste Bezahlung verspricht ein riskantes medizinisches Experiment, das ihm abverlangt, sich nur noch von Erbsen zu ernähren. Die Mangelernährung sorgt schnell für den körperlichen und geistigen Verfall Woyzecks, er zeigt Symptome wie Nervosität und Wahnvorstellungen. Der Preis für das Geld ist hoch. Dennoch gibt Woyzeck Marie treu seinen Lohn. Selbst dann noch, als er bei ihr zwei Ohrringe entdeckt – ein Geschenk des Tambourmajors, einige Soldstufen über ihm. Und Woyzecks lang schon knisternder Verstand fängt Feuer.
Ein atmosphärisches Highlight liefern die eigens für Gillerts Inszenierung geschriebenen Klangkulissen des Komponisten Xell.
Henning Bakker, Dramaturg Junges Staatstheater
Woyzeck
nach Georg Büchner. Fassung von Gabriela Gillert
ab 14 Jahren
Regie: Gabriela Gillert • Bühne, Kostüme: Helge Ullmann • musikalische Leitung: Xell.
Dramaturgie: Henning Bakker
mit: Alonja Weigert; Leonard Pfeiffer, Max Rehberg, Johannes Schönberg
Premiere: SA, 01.03.2025, 19.30 Uhr – Kammerspiele
weitere Termine: 04.03., 27.03., 28.03., 05.05., 11.05., 05.06., 06.06.2025