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„Die Nashörner“: Ionescos Groteske in den Kammerspielen

Die Nashörner__P 20.09.2024 | Paul Maximilian Schulze, Noemi Clerc, Paul-Jakob Dinkelacker, Evelyn Fuchs, Anja Lenßen, John Wesley Zielmann© Christina Iberl
Die Nashörner__P 20.09.2024 | Paul Maximilian Schulze, Noemi Clerc, Paul-Jakob Dinkelacker, Evelyn Fuchs, Anja Lenßen, John Wesley Zielmann

Bérenger kommt zu spät! Sein Freund Jean ist darüber nicht erfreut und es entspinnt sich ein Streit, nur nicht darüber, warum es nicht erquicklich ist, immer zu warten, sondern ob gerade ein asiatisches oder afrikanisches Nashorn an ihnen vorüber galoppiert ist.
Vorerst sehen nur wenige Stadtbewohner, dass es Nashörner gibt – aber es werden stetig mehr. So schreibt schlussendlich auch die Zeitung darüber. Und jedes Mal führt die „eine Frage“ zum Streit der Zeugen: War es ein einhörniges oder zweihörniges Nashorn? Keiner wundert sich, warum überhaupt Nashörner in der Stadt die Oberhand gewinnen. Niemand erkennt eine Gefahr, wenngleich sich alle einig sind, dass es nicht schön ist, wenn eine Katze zertrampelt wird! Der Angestellte Bérenger leidet nicht nur an seiner Liebe zum Alkohol, sondern auch daran, dass er versucht, menschlich zu bleiben, egal wie unübersichtlich die Zeiten werden. Als besagter Bérenger nach einem Streit seinen Freund Jean zurückgewinnen möchte, wird er unfreiwillig Zeuge einer Verwandlung zum Nashorn. Diese Verwandlungen gleichen offensichtlich einer Epidemie, der nichts entgegenzustellen ist. Es gibt kein erkennbares Schema oder bestimmte Typen, die angesteckt werden. Alle sind gefährdet! Jeden kann es treffen!

War es ein einhörniges oder zweihörniges Nashorn? Keiner wundert sich, warum überhaupt Nashörner in der Stadt die Oberhand gewinnen.


Ein unbestimmter Magnet zieht alle verunsicherten Bürger an. Sie wissen scheinbar nicht, was sie tun, aber sie folgen der vermeintlichen Mehrheit in das hornige Verderben. Sie nehmen das neue Leben, die neuen Ansichten und Einstellungen kommentar- und gedankenlos an. Sie verwandeln sich und werden gegenüber anderen Perspektiven im Leben blind; walzen alles, was sich ihnen in den Weg stellt, nieder. Nur Bérenger kann wiederstehen. Er lässt sich nicht entmündigen und bleibt willensstark, er hofft auf die Kraft der Liebe und Zweisamkeit, doch braucht es dazu immer mehr als einen. Zwar eilt ihm Daisy zu Hilfe, aber auch sie kann ihm nicht über die trostlose Entwicklung seiner Mitmenschen hinweghelfen.
Wie lang kann man in einer tierisch polternden Stadt standhaft bleiben?

Eugène Ionesco, Meister und einer der Hauptvertreter des absurden Theaters, hat mit seinem Stück „Die Nashörner“ (1959) eine überwältigend aktuelle Parabel über eine sich radikalisierende Gesellschaft und über Fragen der menschlichen Existenz geschrieben, ebenso setzt er die Banalität des Alltäglichen in den Mittelpunkt. Sein in Deutschland bekanntestes Stück, „Die Nashörner“ geht auf eigene Erfahrungen in seinem Geburtsland Rumänien zurück. Sie veranlassten Eugène Ionesco, sich stets gegen das Totalitäre zu wenden. Aber auch jenseits seiner Dramen hat er sich zu Themen der Kultur und der Politik immer wieder zu Wort gemeldet und nicht wenige Menschen durch seinen „Mut zum Zweifel“ beeindruckt.

Die junge Regisseurin Sandra Bezler debütierte in Meiningen mit ihrer „Penthesilea“-Inszenierung in der Spielzeit 2022/23. Auch dort arbeitete sie schon mit der Ausstatterin Diana Berndt zusammen, die ihre Diplominszenierung mit dem Kleist-Stück absolvierte. Sandra Bezler entwickelt auf der Bühne, mit dem Ensemble und einem Live-Percussionisten (Paul-Jakob Dinkelacker), eigene Sprach- und Klangwelten, das zeichnet ihre Regie-Handschrift aus. Damit erreicht sie eine hohe Spielintensität und eine starke Konzentration auf den Text sowie eine extreme Körperlichkeit der Spielerinnen und Spieler.

Katja Stoppa, Schauspieldramaturgin


Die Nashörner
Groteske von Eugène Ionesco

Regie: Sandra Bezler · Bühne, Kostüme: Diana Berndt · Musik: Paul-Jakob Dinkelacker · Dramaturgie: Katja Stoppa · mit: Noemi Clerc, Evelyn Fuchs, Pauline Gloger, Anja Lenßen; Paul-Jakob Dinkelacker, Paul Maximilian Schulze, John Wesley Zielmann

Premiere: FR, 20.09., 19.30 Uhr
weitere Termine: 24.09., 13.10., 20.10., 24.10., 26.11., 12.12., 20.12.2024 und 02.01.2025 – Kammerspiele
Einführungen: je 25 Minuten vor Vorstellungsbeginn – Foyer Kammerspiele

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