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Wagners „Tristan und Isolde“ | Neuinszenierung zwischen Tradition und Moderne

Lena Kutzner, Foto: Christina Iberl © Christina Iberl
Lena Kutzner, Foto: Christina Iberl

1857 unterbrach Richard Wagner die Arbeit an seinem „Ring des Nibelungen“ und wollte ein Musikdrama in einem „sehr bescheidenen äußeren Rahmen“ komponieren. Daraus wurde nichts: „Tristan und Isolde“ sprengte mit beinahe vier Stunden Spieldauer den bis dahin bestehenden Weltrekord in Sachen Opernlänge und galt als unspielbar. Die Uraufführung sollte in Rio de Janeiro stattfinden, dann in Karlsruhe und anschließend in Wien, wo sie nach 77 Proben abgesagt wurde. Erst mit „königlicher Hilfe“ durch Ludwig II. erblickte das Werk 1865 am Münchner Nationaltheater das Licht der Öffentlichkeit. Das Publikum war überwältigt und ist es seitdem.
Ab dem 12. April ist diese „Oper der Ekstasen“ am Staatstheater Meiningen nach zwölf Jahren wieder zu erleben – nun in der Inszenierung von Verena Stoiber, die sich dem Meininger Publikum 2023 bereits mit „Salome“ vorstellte. Als Isolde steht Lena Kutzner auf der Bühne – sie begeisterte bereits in mehreren Wagner-Rollen. Der ebenfalls Wagner-erfahrene Tenor Marco Jentzsch steht nach der Tannhäuser-Partie auf der Wartburg nun als Tristan an ihrer Seite.

„Dieser Tristan wird etwas Furchtbares“, prophezeite Richard Wagner 1859 in einem Brief an seine Angebetete und Muse Mathilde Wesendonck, Frau des Kaufmanns Otto Wesendonck, der ihm generös das Gartenhaus seiner Villa in Zürich zur Verfügung stellte – ohne zu ahnen, welch innige Verbindung sich zwischen dem Komponisten und seiner Frau entwickeln würde. 1853 widmete Wagner Mathilde den „Züricher Vielliebchen-Walzer“, ihr Verhältnis wurde enger und für die Sehnsucht der unerfüllten Liebe Tristans und Isoldes bot sie dem Komponisten schmerzliche Inspiration. Es entstand eine Musik, die zu Herzen geht und gleichzeitig den Weg zur Avantgarde ebnet. Der berühmte „Tristan-Akkord“ war in seiner musiktheoretischen Konstruktion zwar nicht neu, doch nie zuvor unaufgelöst. Das war revolutionär! Und auch die dichte, von Leit- und Erinnerungsmotiven durchzogene Partitur hebt sich von Wagners vorherigen Werken ab. Ihre Intensität hat lange die Hörer überfordert, bringt noch heute Musiker, Sänger und Dirigenten an ihre Grenzen und macht doch süchtig.

Das Sujet basiert auf Gottfried von Straßburgs mittelalterlichem Versepos „Tristan“. Göttliche Hilfe oder Erlösung gibt es nicht, dafür ist die Oper tief durchdrungen von Arthur Schopenhauers philosophischem Werk „Die Welt als Wille und Vorstellung“. Seine Thesen, dass die Welt nur als unsere Vorstellung gegeben und der Wille Grundlage unseres Daseins sei, waren für Wagner wie ein Erweckungserlebnis. Er las das Werk vier Mal und war danach nicht mehr derselbe. Unter diesem Eindruck schuf er „Tristan und Isolde“ – eine durch äußere Umstände komplizierte Liebesgeschichte mit einer für die Handlung entscheidenden Vorgeschichte.

Im Unabhängigkeitskrieg zwischen Cornwall und Irland fällt der irische Fürst Morold durch die Hand Tristans, ein Neffe von Cornwalls König Marke. Trotz dieser Schmach beschließen die Länder, ihre „Urfehde“ niederzulegen. Der  schwer verwundete Tristan lässt sich unter dem Pseudonym „Tantris“ von Morolds Verlobter, Isolde, gesundpflegen, da sie über besondere Heilkräfte verfügt. Als sie in ihm den Mörder ihres verstorbenen Mannes erkennt, will sie ihn töten. Doch sie verliebt sich in ihn und lässt ihn ziehen. Zu Beginn der Opernhandlung kehrt Tristan allerdings als Brautwerber seines Onkels nach Irland zurück. Schon währender der Schiffsüberfahrt nach Cornwall gewinnt die uneingestandene Liebe zwischen Tristan und Isolde überhand. Ein vermeintlicher Todestrank wird zum Liebestrank und legt ihre Gefühle bloß. Doch letztlich ist ihre irdische Liebe unmöglich und nur denkbar in einem Raum, der alle Barrieren überschreitet: im Jenseits oder im buddhistischen Nirwana.

Das Regieteam lässt sich von Filmen inspirieren, in denen man (verstorbenen) geliebten Menschen auf Traumebenen wiederbegegnet. Auch auf der Bühne werden mittels Videotechnik unterschiedliche Ebenen sichtbar, und  Kostümbildnerin Clara Hertel arbeitet mit stilistischen Kontrasten: meist modern gekleidet, schlüpfen die Figuren an entscheidenen Stellen in historische Kostüme – passend zu Straßburgs Mittelalterepos oder „alten“ Bayreuther Inszenierungen.


Julia Terwald, Musiktheaterdramaturgin


Tristan und Isolde
Handlung in drei Aufzügen von Richard Wagner
In deutscher Sprache mit deutschen Übertiteln

Musikalische Leitung: GMD Killian Farrell • Regie: Verena Stoiber • Bühne: Susanne Gschwender• Kostüme: Clara Hertel • Video: Jonas Dahl • Chor: Roman David Rothenaicher • Dramaturgie: Julia Terwald • mit: Lena Kutzner, Tamta Tarielashvili; Hans Gebhardt, Marco Jentzsch, Aleksey Kursanov, Johannes Mooser, Shin Taniguchi, Selcuk Hakan Tiraşoğlu• Es spielt die Meininger Hofkapelle

Premiere: SA, 12.04.2025, 17.00 Uhr – Großes Haus
weitereTermine: 21.04., 26.04., 17.05., 25.05., 09.06., 15.06., 22.06.2025
Einführungen je 30 Minuten vor Vorstellungsbeginn
Matinee: SO, 30.03.2025, 11.15 Uhr – Foyer Großes Haus, Eintritt frei

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