Tragödie von Sophokles, Deutsch von Heinz Oliver Karbus
Die Stadt Theben hat eine Epidemie und einen Bruderkrieg überstanden. Die Leichen der Kontrahenten Eteokles und Polyneikes liegen noch auf dem Schlachtfeld, da erlässt Kreon, der neue König, ein Gesetz, das es bei Todesstrafe verbietet, Polyneikes, den Angreifer der Stadt, zu bestatten. Antigone, Tochter des Ödipus und Schwester des Toten, widersetzt sich diesem Befehl. Sie beruft sich auf ein höheres Recht und bestattet ihren Bruder. Antigones Verurteilung und ihr Selbstmord bringen Kreons Macht und den ganzen Staat ins Wanken. Zuletzt wird die ganze Familie mit in den Abgrund gerissen.
„Antigone“ gilt als erstes Widerstandsdrama der Weltliteratur. Vermutlich wurde es 442 v. Chr. in Athen zum ersten Mal gespielt. In Meiningen stand dieses antike Meisterwerk seit rund 70 Jahren nicht mehr auf dem Spielplan. Ob vor 2500 Jahren oder heute, Sophokles konfrontiert uns immer wieder mit den ganz großen Fragen menschlicher Zivilisation: Was ist Gerechtigkeit, was Menschlichkeit? Wo verlaufen die Grenzen individueller Freiheit? Was darf ein Staat? Und gibt es einen Punkt, an dem es legitim ist, sich gegen geltendes Gesetz aufzulehnen oder es gar zu brechen?
Antigone: Miriam Haltmeier
Kreon: Gunnar Blume
Haimon: Marcus Chiwaeze
Ismene: Emma Suthe
Eurydike: Evelyn Fuchs
Teiresias/Ein Wächter: Leo Goldberg
Ein Bote: Jan Wenglarz
Chor: Evelyn Fuchs, Anja Lenßen
Eteokles/Polyneikes: Leo Goldberg, Jan Wenglarz
Nach der Vorstellung möchte man reden, reden, reden. Nach welchen Prinzipien will man leben? In den Kammerspielen des Meininger Theaters tun sich wieder einmal Abgründe auf, rund um das, was der Chor mit "Viel Ungeheures und nichts ungeheurer als der Mensch" beklagt.
(…)
Weil dieses Hin- und Hergerissensein von den Darstellern ohne jeden Unterton von Proklamation gespielt wird, werden die zeitlosen Figuren so lebendig, dass man sie sogleich im Hier und Jetzt verorten möchte.
Mainpost, Siggi Seuß, 02.12.2021
Elina Finkel hat diese Antigone auf der Bühne von Vesna Hiltmann inszeniert und Bilder gefunden, die dem weithin unvertrauten Text zur Wirkung verhelfen, zur sinnlichen Anschauung.
Thüringer Allgemeine, Henryk Goldberg, 30.11.2021
Im Licht einsam Miriam Haltmeier, intensiv, eindringlich, berührend. Die Schmerzensfrau zum Tode hin, die Kreatur, die trauernd den Preis entrichtet, da sie tat, was nicht zu tun sie nicht vermocht hätte. Hier hat der Abend seine Höhe, seinen Grund, hier, mit Miriam Haltmeier, seine Mitte.
Freies Wort, Henryk Goldberg, 30.11.2021