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Die Nashörner

Groteske von Eugène Ionesco


Haben Sie schon mal ein Nashorn gesehen? Ja? Mitten in einer Stadt, quasi neben Ihnen in einem Café? – Dem Angestellten Bérenger und seinem Freund Jean ergeht es genau so. Sie werden von einem galoppierenden Nashorn beim Plaudern überrascht. Und plötzlich sind auffällig viele Nashörner in der Stadt, viele ihrer Kolleginnen verwandeln sich in die grauen Dickhäuter. Währenddessen man sich noch streitet, ob es einhörnige oder zweihörnige sind, „überhörnen“ sie bereits die gesamte Stadt, nur Bérenger bleibt allein als Mensch übrig. Er scheint immun vor der dickhäutigen Epidemie zu sein.
Eugène Ionesco, Meister und Miterfinder des absurden Theaters, hat mit seinem Stück „Die Nashörner“ (1959) eine überwältigend aktuelle Parabel über eine sich radikalisierende Gesellschaft geschrieben, über Mitläufertum, Anpassung und Widerstand. Und vielleicht ist die Groteske heute wieder die passendste Antwort auf eine Realität, in der das Humane verlorenzugehen droht und Rohheit und Gewalt auf dem Vormarsch sind. Die Nashörner sind längst unter uns. Jeder hat die Wahl.

Regie: Sandra Bezler

Bühne, Kostüme: Diana Berndt

Musik: Paul-Jakob Dinkelacker

Choreografie: Oska M. Borcherding

Dramaturgie: Katja Stoppa

Besetzung

(12.12.2024, 19:30)

Bérenger: Paul Maximilian Schulze

Jean: Pauline Gloger

Daisy/Logiker: Noemi Clerc

Die Hausfrau, die eine Katze hat/Papillon: John Wesley Zielmann

Der ältere Herr, der Schmetterlinge sammelt/Dudard: Anja Lenßen

Madame le Peuple, die einen Herrn Boeuf heiratet und einige Nebenjobs hat: Evelyn Fuchs

Live-Musiker/Der Ranger/Stimme des Rangers: Paul-Jakob Dinkelacker

Trailer

Pressestimmen

Sie haben noch nie ein Nashorn auf einem Marktplatz dieser Republik gesehen? Dann wird es Zeit, die Meininger Kammerspiele zu besuchen, um sich über die wundersame Vermehrung von Rhinozerossen im Lande schlau zu machen, in Eugène Ionescos Groteske „Die Nashörner“, uraufgeführt 1959. Schnee von gestern? Keineswegs. Das Meisterstück des absurden Theaters ist aktuell wie eh und je.

Die Inszenierung fällt aus dem Rahmen Erwartbaren. Außergewöhnlich ist nicht, dass die Figuren in einem absurden Theaterstück Charaktermasken sind – Vertreter gesellschaftlicher Schichten, die ihre Rollen nicht verlassen können. Es ist vielmehr die Art, wie die Regisseurin und Paul-Jakob Dinkelacker (in einer Doppelfunktion als musikalischer Spielleiter und Coach) die Gestalten zur Choreografie von Oska M. Borcherding in Bewegung bringt.

Das Überraschendste jedoch ist das Bühnenbild von Diana Berndt (auch Kostüme): Ein mobiler Turm, wahlweise Büro, Wohnung und Schutzraum, von dem aus das Treiben da unten kommentiert wird. Dahinter eine Reihe von sieben Maschendrahtverschlägen mit Kloschüsseln.

Freies Wort, Siggi Seuß, 24.09.2024

 

Die absurde Handlung schafft zwangsläufig Komik, auch durch den beeindruckenden Körpereinsatz des Ensembles. Zwischendrin wird kein Schritt mehr gewöhnlich gegangen, die Realität ist entrückt. Eine Treppe hochzusteigen, erfordert plötzlich besonderes ausladende Wippbewegungen. Die Hemdsärmel gehen bis zu den Knien, das Sakko endet noch über der Brust. Begleitet werden die clownesken Momente von Musik und Geräuschen, die von Paul-Jakob Dinkelacker live auf der Bühne. Es entsteht ein virtuoses und unterhaltsames Zusammenspiel aus Akustik und Bewegung.

Das Meininger Regieteam um Sandra Bezler transportiert die Inhalte in einem feingearbeiteten und in sich stimmigen Gesamtkonzept. Bewegend wird der Abend vor allem auch durch die Performance von Paul Maximilian Schulze als Bérenger.

MDR Kultur, Marlene Drexler, 21.09.2024

 

Eine extreme Körperlichkeit dominiert das Spiel / Eine Inszenierung, die das Stück wirklich erkennt.

Die Verantwortung lang in den Händen eines jungen Teams: die Regie bei Sandra Bezler, die Musik und die Rolle des Rangers bei Paul-Jakob Dinkelacker, Bühne und Kostüme bei Diana Berndt und die Choreografie bei Oska M. Borcherding. Entstanden ist eine Inszenierung, die ebenso elegant wie besonders ist und das Stück wirklich erkennt. Natürlich basiert dieser Erfolg auch ganz wesentlich auf der Leistung der Schauspieler. Paul Maximilian Schulze gibt den Bérenger. Von allen ist er am ehesten Menschen, nicht Überzeichnung. Er ist verzweifelt, nachdenklich, überfordert, jagt durch die irrationalen Szenen und das zwei Stunden lang in vollster Intensität. Ebenfalls neu im Ensemble ist Noemi Clerc, die zu Beginn den Logiker spielt und danach Daisy, beides mit großer Entschiedenheit, Präzision und einer lustvollen Strenge. Jean wird dargestellt von Pauline Gloger, fanatisch und unglaublich intensiv. So ist die Szene, in der sich Jean vor Bérengers Augen zum Nashorn verwandelt, einer der Höhepunkte des Abends. Und auch die drei anderen Schauspieler, John Wesley Zielmann, Anja Lenßen und Evelyn Fuchs füllen ihre Doppelrollen charismatisch und profiliert.

Thüringer Allgemeine, Alexandra Abel, 24.09.2024