„Tragedia giapponese“
Oper in drei Akten von Giacomo Puccini
Dichtung von Giuseppe Giacosa und Luigi Illica
nach David Belascos Schauspiel „Madama Butterfly“
In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Der Name Puccini steht in der Oper als Garant für fesselnde Geschichten, ergreifende Schicksale, aufwühlende Leidenschaften, mitreißende Musik. Auch „Madama Butterfly“ verrät das untrügliche Gespür des Komponisten für hervorragende Opernstoffe. In London sah Puccini den gefeierten Einakter „Madame Butterfly“ des amerikanischen Erfolgsautors Belasco. Obwohl er kein Wort Englisch verstand, war er tief bewegt. Die Tragödie um die Geisha Cio-Cio-San, die bis zuletzt an die Liebe und Treue des leichtfertigen Marineleutnants Pinkerton glaubt, wie auch das exotische Kolorit, ließen ihn nicht los.
Bei Puccini ist Cio-Cio-San das Zentrum der Oper, er ging sogar noch weiter als Belasco: Als zusätzliche Dimension fügte er dem psychologischen Drama einen ethnischen Grundkonflikt hinzu. Es gelang ihm, die Entwicklung seiner Titelfigur von der kindlich-naiven Braut zur gereiften Frau höchst eindringlich zu erzählen. Schuld daran, dass man sich dem Sog des Dramas nicht zu entziehen vermag, ist – wie immer bei Puccini – die Musik.
Musikalische Leitung: Chin-Chao Lin
Nachdirigat: Kens Lui
Regie: Hendrik Müller
Bühne: Marc Weeger
Kostüme: Katharina Heistinger
Chor: Roman David Rothenaicher
Dramaturgie: Kathrin Liebhäuser
Cio-Cio San, genannt Butterfly: Deniz Yetim
Suzuki, Dienerin Cio-Cio-Sans: Tamta Tarielashvili
Kate Pinkerton: Sara-Maria Saalmann
B. F. Pinkerton, Marineleutnant der USA: Alex Kim
Sharpless, Konsul der USA: Johannes Mooser
Goro, Heiratsvermittler: Tobias Glagau
Fürst Yamadori: Leo Weiche
Bonzo, Priester: Selcuk Hakan Tiraşoğlu
Yakusidé, Onkel Cio-Cio Sans: Raphael Hering
Kaiserlicher Kommissar: Tomasz Wija
Mutter Cio-Cio Sans: Julie Mooser
Tante Cio-Cio Sans: Heejoo Kwon
Cousine Cio-Cio Sans: Dorothea Böhm
Chor des Staatstheaters Meiningen
Kinderstatisterie und Statisterie des Staatstheaters Meiningen
Dass sie hier nicht das jugendlich naive Opfer ist, macht Deniz Yetim als Cio-Cio-San mit dem ersten Blick vom Video in der Großaufnahme und dann vor allem von ihrem ersten Ton an unmissverständlich deutlich. Sie ist eine Butterfly, die sich so in die Rolle wirft und deren Dramatik auskostet, dass es mehr an eine chinesische Prinzessin als an eine japanische Geisha erinnert.
Im tief abgesenkten Graben hat Pultgast Chin-Chao Lin die Hofkapelle bestens im Griff, lässt sie zwar auch auftrumpfen aber überdeckt nie die Sänger. Was an diesem Abend vom Orchester, aber auch vom Chor (Einstudierung: Roman David Rothenaicher) zu hören ist, ist allemal das überzeugendste Argument für den Puccini-Sound, den die Opernfreunde so mögen.
Freies Wort, Roberto Becker, 15.04.2024
Man ist beeindruckt von der vermeintlichen Leichtigkeit, mit der das Orchester die Musik den wechselvollen Stimmungen der Charaktere anpasst und wie der Chor unter Roman David Rothenaicher diese Stimmungen zu verstärken vermag.
Man ist hingerissen von Deniz Yetim, von ihrer empathischen, in allen Höhen und Tiefen stimmsicheren Ausdruckskraft.
Und man ist angetan von der gesanglichen und schauspielerischen Kunst der Sängerinnen und Sänger, die sich um die Heldin scharen, vor allem von Tamta Tarielashvili als Dienerin Suzuki, von Johannes Mooser als Konsul und von Nenad Cĭcă vom Bielefelder Theater, der für den erkrankten Alex Kim kurzfristig die Rolle des Marineleutnants Pinkerton übernahm.
MainPost, Siggi Seuß, 15.04.2024
Deniz Yetim verkörpert eine Butterfly, die drei Entwicklungsstufen durchlebt. Stimme und Persönlichkeit wachsen in einem Spannungsbogen von der mädchenhaften Hellen und Euphorischen über das verstörende Obsessive bis hin zu Verzweiflung und Resignation. Diese Frau in ihrer unerschütterlichen Gewissheit eines Happy Ends spielt sie in einer solchen Wahrhaftigkeit, dass man vom ersten Augenblick an gefesselt ist. Ohne Ermüdungserscheinungen steigert Deniz Yetim diese Rolle stimmlich mit hoher Professionalität und wahrhaftem Charisma, das alles von ihr fordert.
Tamta Tarielashvili als großartige Suzuki steht ihr als Dienerin und Freundin zur Seite. Ihr klarer Mezzosopran zeigt Persönlichkeit und Linie. Sachlich, wissend und souverän betrachtet sie die Lage und übernimmt in einer Selbstverständlichkeit Sorge für Butterfly, ohne sie zu betütteln.
Johannes Mooser spielt die Rolle des amerikanischen Konsuls mit Autorität, aber auch mit Mitgefühl. Sein kraftvoller, warmherziger Bariton zeigen einen Menschen, der Cio-Cio-San gerne Leid ersparen würde.
Wieder bewiesen Regisseur Hendrik Müller und sein kongeniales Team, dass Oper begeistern kann. Diese Neuinszenierung hinterlässt einen leuchtenden Eindruck, Begeisterung, Riesenapplaus und Respekt. Wie kriegt man junge Leute ins Theater? So!
Der Opernfreund, Inge Kutsche, 15.04.2024
So selbstbewusst im Spiel und mit so vokaler Durchschlagskraft und stimmlicher Verve wie Deniz Yetim ihre Cio-Cio San ins Turandotformat aufrüstet, ist sie weniger ein junges Opfer, als vielmehr ein pathologischer Fall von Realitätsverweigerung.
Zum Glück war mit Tamta Tarielashvili eine standfest eloquente Suzuki an ihrer Seite – so wie der sonore Johannes Mooser als amerikanischer Konsul vergeblich auf seinen Landsmann einwirkte.
nmz, Joachim Lange, 14.04.2024
Starke Argumente für Puccini kommen aus dem Graben und vom famosen Sängerensemble.
concerti, Roberto Becker, 14.04.2024
Tatsächlich lässt Dirigent Kens Lui schon in der Ouvertüre erkennen, dass hier grundsolide musiziert wird. Seine Meininger Hofkapelle ist der verlässliche Begleiter der Sänger da oben auf der Bühne, und diese Aufgabe erledigen die Musiker tadellos. Ein ausgewogenes Klangbild breitet sich aus, aus dem zwei hervorstechen.
Ersatz für die erkrankte Erstbesetzung der Cio-Cio-San soll diese Barbara Senator sein? Von wegen. Sowohl stimmlich mit ihrem kraftvollen Sopran, der in allen Höhen glänzt, als auch darstellerisch dominiert sie die Bühne.
Der andere sängerische Dominator ist Shin Taniguchi als Konsul Sharpless. Welch ein feiner, klarer Bariton, der auch mühelos gegen jedes Orchesterforte ansingt.
Matthew Vickers als Pinkerton verkörpert ganz wunderbar den überheblichen Amerikaner […].
[Power] bringt Marianne Schechtel als Butterflys Dienerin Suzuki mit. Auch ihre Stimme verfügt über ein breites Spektrum an Ausdrucksmöglichkeiten.
Heilbronner Stimme, Uwe Grosser, 25.01.2025
Der einfühlsame Dirigent Kens Lui arbeit mit der Meininger Hofkapelle das exotische Flair von Puccinis Musik glaubwürdig heraus, ostasiatische Momente der Melodik stechen in berührender Weise hervor. Beim Übergang vom zweiten zum dritten Akt kommt die Stimmung des Wartens in der auf fünf Tonstufen der Pentatonik aufgebauten Musik mit den Stimmen des Chors in eindrucksvoller Weise zur Geltung, wobei die klangmalerische Eindringlichkeit nicht nachlässt.
Dies gilt insbesondere für die ausgezeichnete Gestaltung Cio-Cio-Sans durch die wandlungsfähige Sopranistin Cecilia Eguiarte Guevara, die das italienische Opernmelos glanzvoll zum Leuchten bringt.
In weiteren Gesangsrollen fesseln Marianne Schechtel als Suzuki, Yerim Park als Kate Pinkerton, Matthew Vickers als leuchtkräftiger Pinkerton und Shin Taniguchi als undurchsichtiger Sharpless. Tobias Glagau kann als Heiratsvermittler Goro überzeugen. Raphael Hering gibt einen fast unnahbaren Fürsten Yamadori, während Selcuk Hakan Tirasoglu als Priester Bonzo sehr robust auftritt.
Der Chor des Staatstheaters Meiningen liefert immer wieder berührende gesangliche Momente.
Online Merker, Alexander Walther, 25.01.2025