Dramma giocoso in zwei Akten von Vicente Martín y Soler
Libretto von Lorenzo Da Ponte
In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Vicente Martín y Solers Oper „Una cosa rara“ war nach der Uraufführung 1786 alles andere als eine „seltene Sache“ – im Gegenteil: Das Stück des Spaniers verdrängte augenblicklich Wolfgang Amadeus Mozarts „Hochzeit des Figaro“ vom Spielplan des Burgtheaters.
Heute ist dieses Erfolgswerk der Wiener Klassik, in dem sich die selbstbewussten Freundinnen Lilla und Ghita aus Liebe zu ihren Verlobten den Eroberungsversuchen von Prinzen und Edelmännern erfolgreich zur Wehr setzen, auf den Opernbühnen tatsächlich eine Seltenheit. Und definitiv ein Geheimtipp unter Kennern! Der prominente Dichter Lorenzo Da Ponte, Autor vieler berühmter Operntexte Mozarts und Antonio Salieris, verfasste das Libretto zu Solers unterhaltsamer, von Verwirrungen und Missverständnissen nur so strotzender Komödie.
Am Theater Regensburg erweckten Regisseur Andreas Baesler und der bekannte bildende Künstler Markus Lüpertz, der in Meiningen schon mit Puccinis „La Bohème“ für Furore sorgte, mit dieser Opern-Wiederentdeckung die galante Welt des 18. Jahrhunderts zu neuem Leben. Nun kommt das von Presse und Publikum gefeierte bunt-skurrile und fantasievoll gestaltete Opernspektakel nach Meiningen.
Musikalische Leitung: Christopher Važan
Nachdirigat: Noori Cho
Regie: Andreas Baesler
Bühne, Kostüme: Markus Lüpertz
Bühne und Kostüme in Zusammenarbeit mit: Ruth Groß
Choreografie: Sara-Maria Saalmann
Dramaturgie: Julia Terwald
Isabella, Königin von Spanien: Emma McNairy
Giovanni, Prinz von Spanien: Mykhailo Kushlyk
Corrado: Tobias Glagau
Lilla (Gesang): Laura Braun
Lilla (szenisch): Kati Rücker
Ghita: Sara-Maria Saalmann
Lubino: Johannes Mooser
Tita: Tomasz Wija
Lisargo, Bürgermeister des Dorfes: Selcuk Hakan Tiraşoğlu
Königliche Unterhaltung – noch dazu, wenn es von so virtuosen Kehlen wie in Meiningen zum Leben erweckt wird und sich die Hofkapelle so lustvoll auf dieses Klingt-fast-wie-Mozart-Schmankerl einlässt wie unter Leitung von Chin-Chao Lin.
Das fängt bei Emma McNairys wahrhaft königlichem Auftritt als Isabella und dem von Mykhailo Kushlyk als ihrem Sohn Prinz Giovanni an und lebt vor allem vom ausgelassenen Gesang von Monika Reinhard und Sara-Maria Saalmann als die jungen Bäuerinnen Lilla und Ghita.
Die Deutsche Bühne, Roberto Becker, 01.02.2024
Dass ein junges Mädchen (Monika Reinhard ist diese begehrte Lilla) den Infanten (trotz des verführerischen Tenorschmelzes von Mykhailo Kushlyk in dieser Rolle) abblitzen lässt, ist aber eher eine Wunschvorstellung.
Das wird von Chin-Chao Lin und der lustvoll aufspielenden Hofkapelle durchweg animierend auf Hände getragen.
Neben der Musik sind natürlich die Bühne und Kostüme von Lüpertz die Stars des Abends.
nmz, Joachim Lange, 02.06.2024
Wenn Emma McNairy als Königin Isabella mit dramatischer Verve in einer fulminanten Arie darüber nachsinnt: „Warum darf nicht jeder sein Schicksal in die eigenen Hände nehmen?“, hat sie aus ihrer Perspektive sogar recht.
Mit erdigem Bass komplettiert Selcuk Hakan Tiraşoğlu als Bürgermeister (und abblitzender Heiratskandidat) das Ensemble.
Lüpertz hat dafür mit kräftigem Pinselstrich eine Kulisse gemalt, die nicht nur illustriert, sondern das Künstliche mit der ästhetischen Eigenständigkeit betont.
Thüringer Allgemeine, Joachim Lange, 02.06.2024
Regisseur Andreas Baesler gelingt es, die beiden weiblichen Hauptfiguren Lilla und Ghita mit jeder Menge Spielwitz auszustatten. Dabei ist Sara-Maria Saalmann als Ghita geradezu ein Bühnenwunder an Temperament und gesanglicher Prägnanz. Auch Monika Reinhard als Lilla zeigt neben ihren szenischen Qualitäten auch hohes stimmliches Niveau.
Klassikinfo, Robert Jungwirth, 02.06.2024
Baesler schafft es in dem relativ offenen Rahmen der Bühne, die jeweiligen Beziehungen gut sichtbar zu machen und gibt den einzelnen Darstellern immer wieder Gelegenheit, besondere Talente auszuleben.
In erster Linie ist hier Sara-Maria Saalmann als Ghita zu nennen, die ihren gut fokussierten, wandlungsfähigen und bildschönen Mezzosopran mit einer umwerfenden Spielfreude paart, die sie zum Ende hin sogar einen spanischen Tanz mit Kastagnetten tanzen lässt.
Auch Monika Reinhard überzeugt völlig als Hauptfigur Lilla, ihr Duett Per pietà mit Ghita zusammen gehört zu den Höhepunkten der Aufführung. Reinhards heller, silbriger und höhensicherer Sopran singt sich munter durch alle Unbilden des Stückes und berührt mit ihrem Piano bei ihrer langsamen Arie.
Emma McNairy als Königin Isabella überzeugt einmal mehr mit ihrem prächtigen lyrischen Sopran, der immer wieder an die Gräfin im Figaro erinnert.
Jonas Böhm singt als Gast im Ensemble den Lubino mit leichtem, geschmeidigem Bariton, […] singt kräftig und überzeugend.
Bassbariton Tomasz Wija gibt einen Tita mit Erotik in der Stimme, klar und sehr präsent […].
Tobias Glagau gibt sich gut in die Rolle dessen, der am Ende allein die Schuld übernehmen muss, hinein und gefällt mit seiner weichen und sehr flexiblen Stimme.
Chin-Chao Lin, seit der Saison 2023/24 Erster Kapellmeister und Stellvertretender Generalmusikdirektor am Staatstheater Meiningen, leitet die Hofkapelle mit viel Freude und Engagement. Das Orchester spielt sehr transparent, locker und fein, nie die Sänger übertönend oder in Schwierigkeiten bringend – so soll es sein!
O-Ton, Jutta Schwegler, 02.06.2024
Dabei geht die Regie Andreas Baeslers anerkennenswert wohl dosiert vor, so dass kein billiger Klamauk entsteht. Letztlich erscheinen alle als Karikaturen ihrer selbst und so gelingt ein Spiel mit 100 Anspielungen in einer Märchenwelt voller Farben. Ja, diese Farben, sie sind das eigentliche Herzstück der Inszenierung.
Emma McNairy ist eine wirklich königliche Isabella von Spanien, die in überzeugender Präsenz alle Facetten dieser Frau stimmlich wie schauspielerisch bewundernswert beherrscht.
Mykhailo Kushlyk, ihr Sohn Giovanni, mimt anfangs höfisch gestelzt das Muttersöhnchen, mutiert aber überzeugend trotz Schmeichelkurs zum Antihelden. Dementsprechend nimmt er sich stimmlich zurück und singt fast anrührend zart.
Monika Reinhard als Lilla, sinnfällig mädchenhaft und anmutig hell gekleidet, trifft punktgenau und situationsgemäß den Gefühlen von Angst oder Zärtlichkeit und zeigt durchaus überzeugend, dass sie nicht nur ein ehrbares, braves Hascherl ist, sondern den Übergriffen der Höfischen oder dem Misstrauen ihres Verlobten Paroli bieten kann. Ihr reifer Sopran gibt der Oper Größe.
Schrill, bunt, rothaarig mit offenherzigem Dekolleté, aus dem der Kunstbusen leuchtet, darf Sara-Maria Saalmann als Ghita über die Bühne turnen. Ein Ausbund an Temperament und Bauernschläue zeigt allen, wo es lang geht. Ihr jugendlicher und kräftiger Sopran singt jeden in Grund und Boden, aber auch die leisen, schmeichelnden Töne zeigen Wirkung.
Chin-Chao Lin führt die Meininger Hofkapelle leichtfüßig und lebendig. Selbst wo Pathos anklingt, verliert die Musik nicht an Schwung. Sehnsucht, Liebeskummer, Eifersucht und Raserei auf der Bühne finden ihr Pendant im Orchester, das aber nie über die Stimmen triumphiert, sondern sie trägt.
Der Opernfreund, Inge Kutsche, 02.06.24